20. Jahrestag des Massakers von Srebrenica

Das Schicksal der Opfer des Massakers von Srebrenica und der anderen „Verschwundenen“ des Bosnienkrieges muss endlich aufgeklärt werden

20 Jahre sind zu lang!

Am 10. und 11. Juli 1995 griff die bosnisch-serbische Armee die UN-Schutzzone Srebrenica im Osten von Bosnien und Herzegowina unter den Augen der dort stationierten UN-Soldaten an. In den folgenden Tagen wurden nach offiziellen Schätzungen 8.372 Männer und Jungen ermordet und in Massengräbern anonym verscharrt.

Das Massaker von Srebrenica ist damit das Massaker mit den meisten Opfern in Europa seit dem zweiten Weltkrieg. Das Internationale Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag hat einige Täter wegen Völkermords zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Verfahren gegen den bosnisch-serbischen General Ratko Mladić und den ehemaligen Führer der bosnischen Serben Radovan Karadžić dauern noch an.

Viele der Opfer wurden in den letzten Jahren exhumiert, identifiziert und konnten von ihren Angehörigen an der Gedenkstätte in Potočari nahe Srebrenica beerdigt werden. Dennoch werden mehrere Hundert Opfer des Massakers immer noch vermisst. Insgesamt ist das Schicksal von ca. 8.000 „Verschwundenen“ des Krieges in Bosnien und Herzegowina von April 1992 bis Dezember 1995 immer noch ungeklärt.

Bosnien und Herzegowina hat im Oktober 2004 ein „Gesetz für vermisste Personen“ beschlossen. Dieses Gesetz verpflichtet den Staat, „Verschwundene“ zu suchen und zu identifizieren. Es erkennt die sozialen und wirtschaftlichen Rechte der Familien von „Verschwundenen“ an und verpflichtet den Staat zur Einrichtung eines Fonds für die Unterstützung dieser Familien. Bis heute, Juli 2015, ist dieses Gesetz jedoch nicht umgesetzt und der Fonds nicht eingerichtet worden. Familien von „Verschwundenen“ werden durch dieses Verbrechen dauerhaft traumatisiert. Eine Aufklärung des Schicksals der Opfer und eine Wiedergutmachung für die Angehörigen sind die einzigen Mittel, die das Leid der Angehörigen in der Praxis etwas lindern können.

Amnesty International fordert deshalb die Regierung von Bosnien und Herzegowina auf, das Gesetz für vermisste Personen aus dem Oktober 2004 endlich umzusetzen und insbesondere den Fonds für die Unterstützung der Familien der Opfer unverzüglich einzurichten. 20 Jahre sind zu lang, darauf zu warten.